Erstanamnese

Was erwartet Sie? Wie läuft die Erstanamnese ab?
Wenn Sie bei mir einen Termin für ein erstes Gespräch, eine sogenannte Erstanamnese vereinbaren, mache ich Sie darauf aufmerksam, dass Sie dafür etwa zwei Stunden frei halten sollten. Das kommt Ihnen sicherlich erst einmal sehr lange vor. Was passiert denn in einem solchen Gespräch und wie läuft eine homöopathische Behandlung ab? Was erwartet mich in der nächsten Zeit?

Was geschieht bei einer Erstanamnese?

Nehmen wir an, Sie rufen mich an, weil Sie sich seit einer Grippe vor 6 Monaten einfach nicht mehr richtig wohl fühlen. Sie haben zwar die eigentliche Erkrankung überstanden, fühlen sich aber immer noch schlapp und müde. Beim Hausarzt wurde schon ein großes Blutbild gemacht, dabei wurde ein leichter Eisenmangel festgestellt, aber nach dem verschriebenen Mittel bekamen Sie Verstopfung. Deshalb wollen Sie etwas anderes probieren. Eine Bekannte hat Ihnen klassische Homöopathie empfohlen und deshalb haben Sie einen Termin zur Erstanamnese vereinbart. Sie wundern sich allerdings, warum diese Heilpraktikerin etwas über Ihren Lebenslauf wissen will und wie die Krankheiten Ihrer Eltern und Großeltern mit Ihrer Grippe zusammenhängen, verstehen Sie auch nicht. Aber Sie bereiten alles pflichtbewusst vor, inklusive Ihrer Impfpasskopie. Sie finden es schon einmal angenehm, dass Sie nicht warten müssen. Aber da ich Ihnen vorher gesagt habe, dass Sie mit etwa 2 Stunden rechnen müssen, wundern Sie sich nicht allzu sehr, dass keine anderen Patienten warten. Ich erkläre Ihnen ein wenig, wie Homöopathie funktioniert und beantworte Ihre Fragen dazu. Dann erzählen Sie mir Ihre Geschichte.

Ihre Krankengeschichte

Vor etwa einem halben Jahr haben Sie, wie andere Bekannte auch, eine Grippe gehabt. Sie hat relativ lange gedauert und dabei haben Sie ziemlich viel geschwitzt. Das ist es, woran Sie sich hauptsächlich erinnern – die große Schwäche und Erschöpfung und das viele Schwitzen. Zusätzlich bekamen Sie während dieser Zeit noch Ihre Periode und die war viel stärker als sonst und hat Sie noch mehr erschöpft. Wahrscheinlich kommt daher noch immer der Eisenmangel… Irgendwie haben Sie die eigentliche Erkrankung überstanden, aber seither müssen Sie sich zu allem aufrappeln. Sie sind viel müder als früher und Ihre Glieder fühlen sich oft bleischwer an.  

Mehr Details

Das ist Ihre Geschichte – aber für eine Verordnung reicht mir das noch lange nicht. Jetzt geht der ausführliche Teil der Erstanamnese los. Nun besprechen wir detailliert, was Sie sonst noch über Ihre Beschwerden wissen. Wann Ihre Müdigkeit und Schwäche beispielsweise besonders schlimm ist: wenn Sie längere Strecken gehen müssen, fällt Ihnen das mittlerweile enorm schwer. Besonders Ihre Oberschenkel fühlen sich dann so schwer an, dass Sie sich am liebsten hinlegen würden. Mittlerweile ist alles ja schon besser als direkt nach der Grippe – damals fühlten Sie sich so schwach, dass sogar Ihre Hände gezittert haben! Sie müssen mittlerweile auch aufpassen, dass Sie nicht zu schnell aufstehen, sonst wird Ihnen regelrecht schwindelig. Anscheinend haben Sie einen niedrigen Blutdruck, aber das soll ja gut sein, besser als erhöhter Blutdruck! Wir sprechen noch über die Zeit, in der die Grippe entstanden ist, ob es da irgendwelche Auslöser gab, durch die Sie sich geschwächt fühlten. Aber Sie können sich an nichts erinnern. Es war einfach eine Grippewelle, im Büro hatte die Hälfte Ihrer Kollegen es auch, kaum war einer gesund, meldete sich der nächste ab. Deshalb haben Sie sich auch, sobald es ging, wieder zur Arbeit geschleppt, aber das hat Ihnen wohl nicht gut getan.

Wofür brauche ich alle diese Informationen?

Ich erkläre Ihnen, dass ich an den Erkrankungen Ihrer Eltern und Großeltern (Tanten, Onkel und Geschwister ebenfalls) gewisse Veranlagungen erkennen kann. Wenn beispielsweise mehrfach Krebs aufgetreten ist, kann ich annehmen, dass eine bestimmte Reaktionsneigung bei Ihnen vorliegt. Das muss ich in meine Mittelwahl einbeziehen. Glücklicherweise sind Ihre Eltern und Großeltern relativ gesund und darin können wir nichts finden. Auch Ihr Impfpass gibt keine Informationen her – Sie haben zwar die üblichen Impfungen machen lassen und sie vor ein paar Jahren auffrischen lassen, als Ihre Kinder geimpft wurden, hatten aber keine Probleme damit. Außerdem will ich noch wissen, ob Sie eher zu Durchfall oder Verstopfung neigen, wie Sie schlafen und ob Ihnen eher schnell warm oder kalt ist. Ich erkläre Ihnen dazu, dass ein homöopathisches Mittel immer für den gesamten Menschen verschrieben wird und dass Sie daher besonders Veränderungen in Bereichen, die Sie als Ganzes betreffen, beachten müssen. In dem Zusammenhang erinnern Sie sich daran, dass Sie früher längst nicht so schnell gefroren haben. Ganz besonders auf Zugluft und Wind reagieren Sie seit längerem äußerst empfindlich.
Ich frage Sie auch nach dem Schweiß. Interessanterweise schwitzen Sie immer noch deutlich mehr als früher. Der Sommer hat Sie total mitgenommen, weil Sie nicht nur durch die hohen Temperaturen sich schlapp fühlten, sondern auch durch Ihr vieles Schwitzen. Auch Ihre Periode ist seit der Grippe viel schwächender als früher und Sie benötigen immer ein paar Tage, um sich davon zu erholen. Außerdem untersuche ich Sie vor allem in Bezug auf die Bereiche, die wir während des Gesprächs angesprochen haben. Ich erkläre Ihnen, dass ich dadurch später Vergleichswerte habe, um feststellen zu können, ob Ihre Beschwerden auch objektiv besser geworden sind.

Aufmerksames Zuhören

Wir sprechen auch über Ihre Gefühle, über Ihre Reizbarkeit, die Sie immer auf die Erschöpfung geschoben haben und Sie sind überrascht, was alles zu diesem Gespräch gehört. Sie haben das Gefühl, dass Ihnen noch nie jemand so viel Aufmerksamkeit geschenkt hat. Ihre Erschöpfung ist zwar nicht wirklich besser geworden, aber emotional geht es Ihnen nach diesem Gespräch einfach besser. Sie haben auch neue Erkenntnisse gewonnen, denn wir haben gemeinsam herausgearbeitet, wodurch Sie sich besser fühlen und worauf Sie achten müssen. Sie nehmen sich vor, sich in Zukunft wärmer zu kleiden und auf Ihre schicken, engen Jeans zu verzichten, denn wenn Ihr Bauch eingeengt ist, fühlen Sie sich eher schlechter.

Nach dem Gespräch

Anschließend beginnt für mich die Ausarbeitung Ihres Falles. Ich versuche herauszufinden, was bei Ihnen schief gelaufen ist. Eventuell kann ich das auch gar nicht sicher feststellen, ich werde aber eine Vermutung festhalten, die im weiteren Verlauf beurteilt werden muss. In Ihrem Falle würde ich folgendes notieren: Die Patientin litt vor einem halben Jahr während einer Grippe unter viel Schweißen und einer verstärkten Menstruation. Diese verstärkten Absonderungen blieben ihr auch nach der akuten Phase erhalten und schwächen sie weiterhin. Meine Hypothese wäre also, dass der Verlust an Körperflüssigkeiten Sie so sehr geschwächt hat. Ob das richtig ist, müssen wir im weiteren Verlauf überprüfen.

Die Ausarbeitung

Ich würde daher in meinem dicken Buch, dem „Repertorium“, die Rubrik ALLGEMEINES – SCHWÄCHE – Säfteverlust, durch: (30) agar. Anac. Calc. Calc-p. calen. carb-an. carb-v. caust. CHIN. chinin-s. corn-f. Cur. ferr. ferr-ar. ferr-i. gins. ham. hydr. kali-c. lachn. Nat-m. Nuph. PH-AC. Phos. Psor. sec. Sel. Sep. stroph-h. Sulph. Auswählen. Wir sehen hier eine ganze Menge homöopathischer Arzneien, die bekannt dafür sind, auf Verlust von verschiedenen Körperflüssigkeiten negativ zu reagieren. Außerdem schaue ich natürlich nach, welche Arzneien bekannt dafür sind, dass Sie bei Problemen in der Erholung von einer Grippeerkrankung helfen können. Da finde ich folgende Rubrik: ALLGEMEINES – GENESUNG, REKONVALESZENZ; BESCHWERDEN WÄHREND DER – Influenza; nach: (21) abrot. cadm-met. carc. chin. chinin-ar. con. gels. influ. kali-p. lath. mand. merc-k-i. nat-sal. okou. phyt. psor. scut. sul-ac. sulfonam. sulph. Tub. Wenn wir diese beiden Rubriken zusammen anschauen, stellen wir fest, dass drei Arzneien in beiden Rubriken vorkommen: China, Psorinum und Sulphur. Ich suche dann noch nach besonderer Schwäche in den Oberschenkeln und nach Empfindlichkeit gegen Zugluft. Das alles finde ich sowohl bei China als auch bei Sulphur, allerdings bei China ausgeprägter.

Überprüfung in homöopathischen Werken

Bei China finde ich in Jahrs Symptomenkodex, einen alten homöopathischen Werk: „Schwere in allen Gliedern, besonders in den Oberschenkeln“ sowie „Schwäche von Säfteverlust, oder nach schweren, erschöpfenden Krankheiten“, „Schlaffheit des ganzen Körpers, auch mit Zittern in den Händen“. Ich suche noch nach weiteren Symptomen und finde China insgesamt bestätigt. Also erhalten Sie zwei Tage später ein Rezept von mir über China officinalis. Ich verschreibe Ihnen die Arznei in der LM1 und weise Sie auf ein Video auf meiner Homepage hin, wo Sie erklärt bekommen, wie Sie das Mittel einnehmen müssen. Außerdem habe ich Ihnen erklärt, dass Sie bis zu unserem nächsten Telefonat in einer Woche die Arznei einmal einnehmen sollen und besonders auf folgende Dinge achten sollen:
  • Schweiß
  • Reizbarkeit
  • Stuhlgang
Sie sind gespannt, was diese Tropfen (es handelt sich hierbei um eine Alkohollösung) bringen werden.

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