ADS hat zwei Gesichter

 

ADS – Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom

ADS ist vielfältig, aber die Diagnose verpasst einem Schüler in unserem Schulsystem einen regelrechten Stempel. Wer diesen hat, wird von vielen als unfähig angesehen, normal zu lernen. Das macht es einem Schüler, der ohnehin das Gefühl hat anders zu sein als die anderen nicht leicht. Viele fühlen sich erst recht ausgesondert und versuchen durch ihr Verhalten Aufmerksamkeit zu bekommen. Andere ziehen sich erst recht in ihr Schneckenhaus zurück. Ein ewiger Teufelskreis.

ADS – ein Beschwerdekomplex mit zwei Gesichtern

Auf meiner Sketchnote zum Thema ADS versuche ich diese unterschiedlichen Facetten zu illustrieren. Zum einen gibt es die Schüler – meist gibt es besonders in der Schule Schwierigkeiten – die nicht still sitzen können und durch ihr Verhalten regelrecht provozieren. Dieses Bild wurde früher ADHS genannt, man sprach von Hyperaktivität. Das sind meist die Problemschüler, die der Lehrer regelrecht „im Zaume zu halten“ versucht. Dann gibt es die Stillen, die Träumer, oft sind das Mädchen. Sie sind unauffällig und fallen leicht durch das Raster. Wenn hier die Diagnose nicht sorgfältig gestellt wird, werden sie schnell einfach als schlechte Schüler abgestempelt und alle glauben, dass sie einfach nicht in der Lage sind den Stoff zu begreifen. Beiden gemeinsam ist das Unvermögen oder die Abneigung sich bei fremdgestellten Aufgaben zu konzentrieren. Beide Typen können zusätzlich noch äußerst impulsiv ragieren, beispielsweise wenn sie bei einem Brettspiel verlieren oder eine Aufgabe nicht richtig gelöst haben. Dann sind sie in der Lage die Flinte ins Korn zu werfen und völlig aufzugeben.

Hohe Anforderungen

Wenn Kinder Aufgaben gestellt bekommen, bei denen sie nicht glauben sie lösen zu können, werden sie oft innerlich aufgeben. Das können Hausaufgaben oder Klassenarbeiten sein, aber auch jede andere Anforderung, die an sie gestellt wird. Auch wir Erwachsenen neigen dazu, Aufgaben, die wir als große Hürde ansehen, zu verschieben. Wir nennen das dann den „inneren Schweinehund“, aber eigentlich weichen wir einfach einer unangenehmen Aufgabe aus. Oft sind es gerade die großen Aufgaben, bei denen wir nicht wissen, wie wir sie angehen sollen, die wir vor uns herschieben. Kinder und Jugendliche sind genauso. Im Falle eines Grundschülers mag das eine Seite Mathematikaufgaben sein, die unüberwindlich erscheint. Oder eine Textaufgabe, bei der er nicht weiß, wie er vorgehen soll. Hier hilft es, die Aufgaben in kleine Teile zu trennen. Außerdem ist es hilfreich den Berg kleiner zu machen. Wenn die ganze Seite Matheaufgaben wie ein unüberwindliches Hindernis erscheint, dann sollte es heißen: „An dieser Seite 30 min arbeiten. Aufgabe für Aufgabe. Mal sehen, wieviele Du schaffst…“ einen Wettbewerb daraus zu machen, bei dem der Schüler nur gewinnen kann, ist immer gut. Solange am Ende der Erfolg steht. Klar muss sein: wenn eine Aufgabe nicht verstanden ist, muss Hilfe gesucht werden.

Werkzeuge für den Alltag

Ein wichtiges Hilfsmittel für alle Kinder sind Routinen. Wenn Dinge immer auf die gleiche Art und Weise gelöst werden, erscheinen sie viel leichter als Aufgaben, bei denen ein neuer Lösungsweg erst gefunden werden muss. Jeder Schüler hat seine eigenen Problembereiche und daher muss auch für jeden ein ganz eigener Werkzeugkasten zusammengestellt werden. Das kann ein Kalender sein, in dem detailliert alle täglichen Aufgaben aufgelistet sind. Oder ein Wecker, der an bestimmte Dinge zuverlässig erinnert. Jeder muss für sich selbst seine eigenen Wege finden und dabei sollten Eltern ihre Kinder unterstützen. Wichtig ist, dass sie ihre Kinder immer wieder an die Hilfsmittel erinnern bis diese in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Die Meinung der anderen

Kinder sind ungemein sensibel und bekommen es mit, wenn die Menschen anders auf sie reagieren. Heutzutage bekommt ein Kind schnell den Stempel ADS und wenn dann bekannt ist, dass dieses Kind keine Medikamente nimmt, kann das negative Folgen haben. Sowohl für die Einschützung eines Schülers durch seine Lehrer als auch durch seine Mitschüler oder deren Eltern. Was macht das mit einem Kind? Es bemerkt, dass es anders ist und versucht Aufmerksamkeit zu erhalten – das gelingt am schnellsten wenn das Kind beginnt zu stören. Der Klassenclown ist eine sich selbst verstärkender Spirale. Alle erwarten dass er stört und so fühlt er sich nur noch mehr dazu provoziert. Natürlich gibt es noch andere Ursachen, aber einmal in diesem Teufelkreis gefangen, ist es sehr schwer auszubrechen. Ein Kind, das diese negative Aufmerksamkeit vermeiden möchte, weicht aus. Das kann in sein eigenes Traumland sein, oder es beobachtet die Welt draußen. Vielleicht schweifen auch nur die Gedanken ab von der Tulpe, deren Aufbau es lernen soll zum letzten Frühling und den schönen Spielen, die es gespielt hat… Diese Gedanken sind viel schöner als die Kritik von Eltern und Lehrern über seine Unfähigkeit sich zu konzentrieren.

Ablenkung

Besonders problematisch sind in diesem Zusammenhang alle möglichen elektronischen Geräte, wie Handys, Tablets, Fernseher, Spielekonsolen usw. anzusehen. Sie schreien regelrecht nach Aufmerksamkeit und sind daher in der Lage diese ganz leicht zu wecken. Immer wieder piept hier etwas, gibt es eine neue Meldung und tut sich etwas Neues. Außerdem arbeiten Spiele mit allen Tricks der positiven Verstärkung. Nur wer regelmäßig ein bestimmtes Spiel verwendet, erhält gewisse Belohnungen. Die Hürden für den Erfolg sind klein und wer etwas erreicht hat, bekommt positive Kommentare von allen möglichen Freunden. Videos reizen dazu, in eine Traumwelt zu versinken und sind ja so viel interessanter als die trockenen Schulbücher. Ein Video, das „Kabale und Liebe“ zusammenfasst und die wesentlichen Punkte erläutert, kann aber die eigene Lektüre nicht ersetzen, höchstens unterstützen. Und wer einmal ein Video angesehen hat, bleibt oft dabei und sieht sich noch ein paar zu ganz anderen Themen an…

Bewegung

Die heutige Schule bietet unseren Kindern viel zu wenig Möglichkeiten aber auch Anreiz zur Bewegung. Von der ersten Klasse an wird ihnen die Lust an der Bewegung geradezu ausgetrieben. Wir bräuchten in unseren Schulen Beauftragte, die nichts anderes tun als die Schüler zur Bewegung aufzufordern und zu überlegen, wie Bewegung in den Unterricht integriert werden kann. Denn eigentlich sind wir Menschen keine Stubenhocker. Wir sind dazu gemacht, den ganzen Tag in Bewegung zu sein und uns erst nach getaner Arbeit wieder auszuruhen. Wer kennt das nicht: bei einem schwierigen Problem kann es ungemein helfen hin und herzulaufen. Das hilft uns regelrecht denken. Wrum dürfen unsere Kinder das nicht tun? Weil es nicht in das Konzept Schule passt. Ich hoffe sehr, dass es dafür in der modernen Schule irgendwann einmal neue Antworten geben wird. Solange das nicht so ist, sollten wir für so viel wie möglich Bewegung in der Freizeit sorgen. Eventuell vor den Hausaufgaben. Wichtig kann in diesem Zusammenhang der Schulweg sein: Hand aufs Herz – läuft Ihr Kind zur Schule oder fahren Sie es mit dem Auto? Der Schulweg kann den Kindern helfen, die Ereignisse des Vormittags zu verarbeiten. Er kann ihnen bei den Kontakten mit ihren Mitschülern helfen, wenn sie ihn gemeinsam zurücklegen. Außerdem gibt er ihnen eine gewisse Freiheit und Eigenverantwortung, ungemein wichtig für Kinder, die ihre eigenen Fähigkeiten erkunden müssen.

Medikamente

Die Zahl der Verordnungen von Ritalin und Co bei Schulkindern hat unglaubliche Ausmaße angenommen. Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei für die „einfache“ Lösung. Es ist ja viel leichter ein Medikament zu geben, wenn das Kind anschließend die Hausaufgaben ohne den riesigen Streit erledigt. Wichtig ist aber, dass alle anderen Probleme (siehe oben) nicht aus dem Auge verloren werden. Denn ein Medikament ist kein Allheilmittel. Das Kind benötigt weiterhin Unterstützung. Das gilt übrigens auch für homöopathische Medikamente! Es gibt nicht die Pille, die alle Probleme einfach verschwinden lässt! Mit oder ohne Medikamente: wenn ein Kind Schwierigkeiten in der Schule oder im Elternhaus hat, ist es Aufgabe der Schule und der Eltern dieses Kind bei der Lösung dieser Probleme zu unterstützen. Kinder müssen lernen, ihre Defizite zu kompensieren und damit umzugehen. Nur so könne sie später zu erfolgreichen Erwachsenen werden. Dabei können Medikamente – auch homöopathische – unterstützen. Es ist aber ein großer Unterschied, ob ein Arzneimittel individuell an die Probleme eines Kindes angepasst ist (Homöopathie) oder ein Standardmittel, das in bestimmte Prozesse im Gehirn eingreift. Auf jeden Fall sollte aber immer das Wohl des Kindes an erster Stelle stehen und die Entscheidung in Beobachtung des Kindes immer wieder überprüft werden.

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